Von Angst und Vertrauen

09.18.2014

Die Ängstlichkeit hat keinerlei konstruktive Auswirkungen, wohingegen das Vertrauen
ein wertvolles Geschenk ist. Jesper Juul

Ich steckte gerade in der Prozedur der Kinderwunschbehandlung, die von Hormonen, Hoffnungen und
Enttäuschung geprägt war, und hielt endlich einen Test in der Hand auf dessen Display klar das Wort „schwanger“ stand. Die Freude und Erleichterung war unbeschreiblich. Doch seit jenem Moment wusste ich auch: Ab heute werde ich mir wohl immer Sorgen um mein Kind machen. 

Schon nach dem ersten Termin im Kinderwunschzentrum ging es los. Der Arzt wirkte sehr zerstreut, gratulierte mir nicht, schallte ernst herum und meinte dann, dass man noch nichts sehen könne und ich in zwei Wochen wiederkommen solle. Dabei hatten mein Mann und ich beide gedacht, ein kleines Pünktchen in der Ecke zu sehen. Stattdessen bekam ich ein Ultraschallbild mit einer scheinbar leeren Fruchtblase in die Hand.

Wie bangte ich bis zum nächsten Termin! Als meine Mutter mich nach ein paar Tagen besuchen kam, brach ich weinend zusammen, so groß war die Angst. Sie war empört über den unsensiblen Arzt und riet mir, schon eher zur Kontrolle zu gehen.

Doch bis zum Abend hatte ich mich gefangen. Sorgen machen war ja in Ordnung, aber man darf sich vor der Angst im Leben nicht übermannen lassen – auch dann nicht, wenn es um das eigene Kind geht. So übte ich mich in Gottvertrauen und hatte auch Glück: Mein Kind war da und es war gesund!

Auch nach der Geburt gab es eine Phase, in der eine fiese Angst aufkeimte. Ich hatte mein Tochterkind nicht mehr sicher in meinem Bauch und jeder schien nur noch vom plötzlichem Kindstod
zu sprechen. Ich recherchierte, folgte meinem Bauchgefühl und es wurde besser.

Seitdem gibt es immer wieder Situationen, in denen die Angst mich anspringt. Ich vertraue meinem Kind und mir ist auch klar, dass sie sich immer leicht überfordert, um zu lernen. Anders wäre für sie keine Entwicklung möglich. Doch wenn sie oben an einer drei Meter hohen Rutsche rumturnt und noch mal eben an der Stange darüber hängt und sich schaukeln lässt, sterbe ich – ich gebe es zu – tausend Tode. Das macht mein Mutterherz kaum mit. Ich will sie am liebsten abhalten, zu ihr hochklettern und sie beschützen.

Doch dann merke ich: Auch ich muss ständig leicht über meine Grenzen gehen, damit sie sich frei entwickeln kann. Diese Erkenntnis mag einfach sein, aber sie ist ein großes Geschenk, denn es gilt ebenso für mein eigenes Leben und meine persönliche Entwicklung. Wir alle müssen unsere Komfortzone ab und an verlassen, um zu wachsen und schlicht, um zu leben. Nehmen wir uns unsere mutigen Kinder zum Beispiel.

Eure Julia aus der guten Kinderstube

 

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