Das Zubettbringen empfinde ich ja so als die Königsdisziplin des Elterndaseins. Bei wem klappt es, bei wem nicht!? Wie sehen die Lösungswege aus? Gibt es überhaupt welche? Bei mir ist es wie folgt:
The early years
Als das Tochterkind als Baby tagsüber noch die Schlafzeiten brauchte, habe ich sie selbstverständlich auch in den Schlaf getragen, gefahren, geschaukelt. Das ging auch immer recht gut. Zu Anfang war es auch kein Problem sie abends ins Bett zu bekommen. Doch das änderte sich schon nach recht kurzer Zeit. In ihrem ersten Lebensjahr gab es Phasen, da konnte ich ihr anscheinend nicht die Geborgenheit bieten, die sie brauchte, um beruhigt einzuschlafen. Sie weinte sehr stark und war so aufgebracht, das Julia wieder ran musste. Das war für mich auf jeden Fall sehr frustrierend. Schließlich wollte ich auch der beste Papa der Welt sein und es schaffen sie hinzulegen. Der Frust ist bis heute geblieben, denn: Es hat sich in wesentlichen Zügen nicht geändert.
Das Tochterkind präferiert immer noch Julia, wenn es darum geht ins Bett gebracht zu werden. Wir haben immer wieder versucht, die Person zu wechseln. Also ich statt Julia. Aber es half nichts. War sie anfangs noch offen gegenüber einem Personentausch, änderte sie spätestens im Bett ihre Meinung. Ich versuchte mit Liedersingen und Geschichtenerzählen dranzublieben, doch es nütze nichts. Sie war am Ende so aufgebracht, dass Julia wieder übernehme musste. Inzwischen hat es sich gebessert. Wenn Julia zu Hause ist, wird sie immer noch lieber von ihr ins Bett gebracht, jedoch akzeptiert sie auch mich. Seit Julia im letzten Jahr auch einige male über da Wochenende weg war, geht es. Inzwischen haben wir „unseren Weg“ gefunden, indem ich dem Tochterkind eine „Superhelden-Geschichte“ erzähle (die ich mir jedes Mal ausdenke…) und im Anschluss daran hört sie Gute-Nacht-Lieder auf meinem mp3-Player, die mir Julia dort aufgesungen hat.
2 Kinder – 2 Wege
Das Söhnchen hat hier einen ganz anderen Charakter. Auch hier gab es mal Phasen, in denen der Sohnemann von der Mama in Bett gebracht werden wollte. Aber gemessen am Tochterkind sind diese Phasen bis jetzt nicht nennenswert. Das lag, meines Erachtens, an folgenden Dingen:
Zum einen sind der Sohnemann und das Tochterkind natürlich zwei unterschiedliche Menschen. War das Tochterkind schon als Baby sehr auf Julia fixiert und auch später sehr zurückhaltend, ist der Sohnemann sehr offen gegenüber fremden Menschen. Ich denke, das macht es natürlich für eine „fremde“ oder „nicht so nahe“ Person leichter, mit ihm in Beziehung zu treten und ihn sogar in den Schlaf zu begleiten. So geschehen bei meinem Schwiegervater und einer sehr guten Freundin. Das ist uns mit dem Tochterkind nie passiert.
Zum anderen habe ICH mich auch nochmal vom ersten zum zweiten Kind verändert. Beim Tochterkind war ich irgendwie noch sehr unsicher, wenn ich es so retrospektiv sehe. Oft bin ich mit dem Kind noch in der Nähe von Julia geblieben, damit sie mich „zur Not“ unterstützen kann. Beim Sohnemann bin ich von Anfang an selbstsicherer gewesen. Man könnte jetzt sagen, bei dem Tochterkind musste ich noch üben. Mein Selbstverständnis zum Sohnemann war von Anfang an wesentlich besser. Das merkt man auch anhand unserer jetzigen Bindung. Wobei ich nicht sagen will, dass die Bindung zum Tochterkind schlecht ist. Es ist halt eine „andere“.
Ich denke, das Tragen im Tragetuch hat auch sehr viel dazu beigetragen. Mit dem Tuch fördert man förmlich die gemeinsame Bindung. Den Sohnemann im Tuch vor dem Bauch zu haben, habe ich richtig genossen! Ich spürte regelrecht wie gut uns das tut. Deshalb war ich dann auch wirklich sehr geknickt, als er aus dem Tuch rausgewachsen war. Inzwischen habe ich ihn noch selten in einer Ring-Sling und auch hier klappt es wunderbar. Ich packte ihn früher sogar explizit ins Tuch, wenn er müde war. Ich denke es half ihm, sich fallen lassen zu können. Er hatte auch selbst nach dem Tuch verlangt, wenn er müde geworden war. Mit dem Tochterkind habe ich das Tragen im Tuch viel zu spät etabliert. Und dies auch nie zum einschlafen sondern eher mal als Kinderwagen/Buggy-Ersatz, wenn wir mal unterwegs waren.
Wenn wir also einen normalen Alltag haben, sieht es so aus, dass Julia inzwischen beide Kinder gleichzeitig ins Bett bringt. Wir ziehen gemeinsam die Kinder um, machen das Bett fertig, ich putze den Kids noch die Zähne und Julia legt sich dann mit beiden gemeinsam hin, liest noch ein Buch und singt sie dann in den Schlaf.
Wenn das Tochterkind weiß, dass Julia sie nicht ins Bett bringen kann, ist es meistens kein großes Problem mehr. Inzwischen ist es sogar so, dass es eher dem Sohnemann was ausmacht. Ich habe anfangs versucht die Routine von Julia zu kopieren, doch das hat das Tochterkind nicht akzeptiert. Singen durfte ich schon gar nicht. Wahrscheinlich ist das einfach „ihr Ding“ mit Julia. Wir haben uns mühevoll einen Alternativweg gesucht und gefunden. Bei den ersten Malen, die Julia weg war, hat das mit dem „ins Bett legen“ nicht gut funktioniert. So hat sie dann den Abend neben mir auf der Couch verbracht bis sie einfach neben mir eingeschlafen ist. Ich trug sie dann ins Bett. Aber immerhin, sie schlief (!) ohne Stress ein. Denn ich zwang sie nicht ins Bett.
Inzwischen habe ich dem Umstand akzeptiert, dass unser Tochterkind lieber mit Julia einschläft. Anfangs sagten wir uns: „Das muss mit beiden Elternteilen gehen!“ Tut es aber nicht. Der Abschied von dieser Vorstellung war sehr lang und mit sehr viel Frust behaftet. Aber wir haben uns alle damit arrangiert und nun ist es so, wie es ist. Vielleicht ändert es sich ja noch. Ich würde mich sehr freuen. Bis dahin haben wir, denke ich, als Familie einen guten Weg gefunden.
Wie sieht es bei euch aus? Haben eure Kinder auch eine bestimmte Präferenz, wer sie ins Bett bringt oder ist es egal? Oder geht es sogar mit einem Elternteil gar nicht? Über einen Kommentar hierzu würde ich mich sehr freuen
Max aus der Kinderstube
Oh, diese Problematik kennen wir auch gut genug! Für mich als Mama war es am Anfang sehr schwer zu verstehen und zu akzeptieren, dass mein Freund unsere Tochter nicht ins Bett bringen kann, wenn ich da bin. Wenn ich unterwegs war hat es sogar schon im Babyalter geklappt. Übrigens auch bei uns durch Tragen. Mein Freund war am Anfang relativ unsicher in seiner Elternrolle. Für uns war das schwedische Elternzeitmodell und dadurch die sehr frühe Elternzeit meines Freundes ein Segen, denn dadurch gab es genau die Momente in denen ich einfach nicht da war (ich habe begonnen 20% zu arbeiten als meine Tochter 4 Monate alt war). Mein Freund konnte dadurch Vertrauen aufbauen und Bindung mit unserer Tochter und ich konnte Kraft schöpfen durch eine andere Beschäftigung. Das brauchte ich damals sehr. Ich bin unglaublich gespannt wie es bei uns mit unserem zweiten Kind wird. Diesmal sind wir auf jeden Fall gelassener und wissen, was auf uns zukommt. Es tat auf jeden Fall gut euren Bericht zu lesen! Ich denke das ist eine Situation mit der die meisten Familien umzugehen lernen müssen.
Hallo Claudia,
ja, ich denke auch, das dies eine Situation ist mit der die meisten Familien umzugehen lernen müssen. Ein wenig schmerzlich ist es trotzdem. Bei mir klappt es inzwischen sogar mit der Großen, selbst wenn Julia zu Hause ist. Beim Kleinen immer noch nur, wenn Julia unterwegs ist. Aber das ist ok so. Immerhin fühlt er sich so geborgen bei mir, dass es dann ohne Tränen klappt. Das ist schon ein Erfolg!
Danke für deinen Kommentar!
Max
Danke für den – mal wieder – offenen und ehrlichen Einblick in euer Familienleben! Ich halte das für sooooo hilfreich, wenn anderen Eltern sehen: „Puh, bei denen läuft es auch nicht so rund“ 😉 Und Schlafen ist wirklich eins der Themen, bei dem Kinder UND Eltern sehr sensibel sein können.
Ich weiß noch, wie ich bei unserem ersten Kind so stolz war, dass alles so reibungslos lief. So nach dem Motto: „Klar, das geht natürlich auf die gute Bindung zurück, die wir aufgebaut haben.“. Beim zweiten war dann plötzlich alles anders und das hat mich eine Menge Demut gelehrt. Von wegen Erziehungsüberflieger 😂
Kinder bringen meiner Erfahrung nach sehr viel mit (Anlage) und sind einfach unterschiedlich. 🙂
Hi Christopher,
danke für deinen Kommentar. Ja, jedes Kind ist anders, das stimmt! Wir haben für uns die beste Situation gefunden, auch wenn ich manchmal „mehr“ will. Es hat mir einen großen Dämpfer verpasst, da ja der Kleine zu Anfang fast immer bei mir einschlief. Irgendwann veränderte es sich und es wird es irgendwann in der Zukunft wieder tun…!
Liebe Grüße,
Max