Selbstfürsorge und AP bedeuten für mich…

09.01.2017

Susanne Mierau von geborgen-wachsen.de sammelt in ihrer Blogparade Beiträge zur Selbstfürsorge und Attachment Parenting. Und da ich euch ja ohnehin meine Strategien für die „tiefen Täler der Elternschaft“ versprochen habe, mache ich da direkt mit.

Ich denke, wir Eltern sind alle schon mal an dem Punkt gewesen, dass wir über unsere Grenzen gehen mussten, weil wir vielleicht ein Baby hatten, dass besonders viel geweint hat, besonders schlecht schlief oder weil einfach keine Unterstützung zu bekommen war. Vielleicht war auch die erste Phase mit dem zweiten Kind besonders schwierig und wir haben uns fast zerrissen, das zerbrechliche kleine Baby zu umsorgen und gleichzeitig das große Kind (oder die Kinder) mit Liebe zu überhäufen, damit die so genannte Entthronung nicht so schmerzhaft ist. Oder wir waren krank oder im Job war es einfach mehr als geplant… Es gibt so so viele Gründe, warum es manchmal zu viel wird und nicht immer gibt es direkt eine Lösung, so dass wir unsere Grenzen wahren können.

Wichtig finde ich, dass ich mir bewusst mache, dass ich meine Grenzen überschreite und aktiv Verantwortung für mich übernehme. Nur so kann ich mittelfristig dafür sorgen, dass die Tanks wieder aufgefüllt werden und ich weiter gut für meine Kinder sorgen können. Meine erste Strategie ist also

Bewusstheit

Ich fokussiere mich auf mein Inneres und fühle genau in mich hinein. Nicht jeden Tag sind meine Grenzen gleich, sie sind nicht starr, es gibt kein allgemein gültiges Zuviel. Ich nehme wahr, dass ich eine Grenze überschreite, dass mein Energielevel im roten Bereich ist und halte dieses Gefühl kurz aus. Ich atme tief durch und akzeptiere den Moment. Gleichzeitig nehme ich mir bewusst vor, für Ausgleich zu sorgen. Und ich überlege kurzfristig: Wie erreiche ich mehr

Leichtigkeit

Welche To Dos können gestrichen werden? Wen kann ich anrufen und um Hilfe bitten? Kann ich ein Abendessen zubereiten, dass weniger Aufwand bedeutet? Und wie kann ich Verantwortung für die Stimmung übernehmen?

 

Ganz oft versuche ich dann, mit meinen Kindern Spaß zu haben. Entweder zu balgen und zu lachen oder wir machen Musik an, singen und tanzen. Oder wir gehen raus an die frische Luft, machen zusammen Yoga im Hof und manchmal kuscheln wir auch einfach oder das Stillen erdet uns ein Stück weit. Denn auch meine Kinder merken es natürlich, wenn ich über meine Grenzen komme. Damit das für sie fassbar wird, gibt es nur eins:

Klarheit

Meine Kinder sind noch klein (5 und noch nicht mal 2) doch sie haben feine Antennen. Es ist mir wichtig, sie in ihrem Gefühl zu bestätigen und eine angespannte Stimmung auch zu benennen. Gleichzeitig zeige ich ihnen damit meine Grenze auf. Das klingt dann zum Beispiel so: „Ich bin gerade wirklich erschöpft. Ich habe zu wenig geschlafen und mir wird alles hier zu viel und ich überlege, wie wir es uns einfacher machen können. Leider ist gerade keiner da, der mir helfen kann. Ich bin mir sicher, zusammen schaffen wir das jetzt. Das heißt allerdings auch, dass ich gerade nicht noch ein Buch vorlesen will und dass ich auch lautes Geschrei nur noch schwer ertragen kann. Ich will, dass ihr versucht, leise zu sein.“ Und sobald es dann geht mache ich

Pausen

Ich schaue, wann ich die nächste Pause einplanen kann und lasse dann ganz bewusst alles liegen. Das Bad bleibt ungenutzt, der Boden krümelig und die Wäsche im Wäschekorb. Ich mache mir einen Kaffee, schaue eine Serie, lese ein Buch oder schaue bei Twitter rein. Manchmal mache ich auch einfach gar nichts oder ich döse etwas, je nachdem, was tagsüber so möglich ist. Oft ist es bei mir jedoch gar nicht (mehr) zwangsläufig die Müdigkeit, sondern eher eine emotionale Erschöpfung. Ich brauche dann einfach Ruhe und Zeit mit mir. So schaffe ich es zum Beispiel, die zweite Tageshälfte wieder mit meinen Kindern aktiv zu gestalten und zu genießen – ohne Stress. Neben diesem Notfallprogramm brauche ich langfristige

Pläne

Sich Entlastung zu schaffen ist nicht einfach. Ich habe wirklich lange versucht, Hilfen zu bekommen und unseren Alltag einfacher zu gestalten und war in vielem erfolglos. Trotzdem hilft es mir, die Verantwortung zu übernehmen und Pläne zu machen. Wir sind hier nicht glücklich? Dann lass uns einen anderen Ort suchen? Der andere Ort lässt sich nicht finden und der Schwebezustand wird zu viel? Dann lass und eine Entscheidung für das Hier fällen. Aktiv zu sein und mich nicht als „Opfer“ zu fühlen und im Jammern zu verlieren, ist für mein Wohlbefinden sehr wichtig. Ich gestalte mein Leben mit meinem Mann zusammen aktiv. Und dazu gehört auch meine

Arbeit

Zwar war ich fast 5 Jahre lang nicht erwerbstätig, aber ich habe in der Zeit seit ich Mutter wurde immer für mich gearbeitet. Meine Ausbildung zur Heilpraktikerin Psychotherapie, die Ausbildung zur bindungs- und beziehungsorientierten Familienberaterin oder auch Workshops in Gewaltfreier Kommunikation und jetzt wieder zu arbeiten, das alles hat mich immer wieder ein Stück aus dem „Nur-Mama-sein“ herausgeholt. Ich bin unheimlich gerne Mutter und ich bin unheimlich gerne ich, mein gesamtes Ich in allen Teilen. Und dieses ich mag gerne

Organisation

Denn, wenn zu lange alles liegen bleibt, dann fühle ich mich auch nicht wohl. Dann entstehen gefühlt Berge an ToDos und im Schatten dieser Berge schwindet meine letzte Energie. Ich möchte mich dann nur noch verstecken. Also versuche ich in Zeiten, in denen ich besonders wenig Entlastung habe, sehr organisiert zu sein. Das ist z. B. dann, wenn mein Mann auf Geschäftsreise geht, denn wenn er hier ist, räumt er sehr viel auf, so dass die Berge nicht so bedrohlich werden.
Doch wenn er auch wegfällt, helfen mir ein Wochenplan, in dem steht, was ich putzen und aufräumen will, ein Essensplan und tägliche Routinen, den Kopf für schöne Dinge frei zu haben und meine Kräfte einzuteilen. Und dann gibt es hin und wieder etwas Luxus, nämlich

Auszeiten

Mein Mann und ich verschaffen uns gegenseitig immer wieder freie Zeit. Er geht mit Freunden etwas Trinken, ich treffe mich mit Freundinnen zum Frühstück oder nehme eine Beratung in Anspruch, um meine Situation oder bestimmte Konflikte zu besprechen. Das tut gut und lädt Batterien auf.

Und was besonders schöne Auszeiten sind – ganz neu und noch sehr selten: Eine tolle Freundin kommt zu uns und bleibt bei den Kindern und wir können gemeinsam Zeit als Paar verbringen. Letzteres freut mich besonders und ich hoffe, dass es in naher Zukunft mehr, regelmäßige Paar-Auszeiten geben wird. Ich hab das mal so geplant… 😉

So. Das sind sie, meine Strategien, die ich mir in den letzten fünf Jahren angeeignet habe. Ganz sicher sind das keine Weltneuheiten, das ist mir klar. Aber in der Summe hilft es mir, für mich zu sorgen, mich zu reflektieren und achtsam mit mir umzugehen. Und das ist es auch, was ich meinen Kindern vorleben möchte. Sie sollen sehen, dass es ok ist, auch mal über seine Grenzen zu gehen und dass es genau so wichtig ist, dann wieder für sich zu sorgen.

 

Eure Julia aus der guten Kinderstube

 

4 Comments

  • Claudia sagt:

    Hier sitze ich nun bei einer Tasse Kaffee und einen Eis, Minimann (8 Wochen) schläft und Maximann (2 Jahre) ist bei der Schwiegermama. Danke für den tollen Bericht, er spricht mir gerade aus der Seele… für Pause muss sein, trotz der Berge an Hausarbeit… da wird mir schmerzhaft bewusst, dass Maximann heute sehr unter meiner (eher emotionalen) Müdigkeit zu leiden hatte. Dabei kann er wohl am wenigsten dafür. Er hat nicht darum gebeten, großer Bruder zu werden und sein geliebtes Familienbett mit einem dauerstillenden Winzling zu teilen.
    Ich nutze diese ganz kurze Pause, um darüber nachzudenken und dabei kommt mir dieser Artikel gerade recht. Danke:-) !

    • Julia sagt:

      Hallo Claudia,
      schön, dass Du Dir Pausen einplanst und so toll reflektierst. Ich denke, damit tun wir sehr viel für uns und unsere Kinder, denn wir sorgen für alle Familienmitglieder und nehmen unsere Verantwortung als Eltern wahr. Gleichzeitig ist es wichtig, nicht in die "Optimierungsfalle" zu geraten und sich nicht andauernd und zu stark selbst zu kritisieren. Sei gut zu Dir.
      Liebe Grüße
      Julia

  • Anonym sagt:

    Danke liebe Julia für diesen unglaublich hilfreichen Artikel!!! Ich bin gerade völlig runter mit den Nerven und alle genannten Akkus sind leer, trotzdem stecke ich in der Optimierungsfalle fest, will mich,wie du so schön beschreibst, nur noch verkriechen und habe keine Ahnung, wo die Entlastung her kommen könnte… tief durchatmen, kurz aushalten und überlegen, was vielleicht doch möglich ist. 😉

    • Julia sagt:

      Oh ja, an diesem Punkt war ich schon so oft und doch wird es immer wieder auch so viel besser und leichter oder anders. Leider ist das Leben nie nur leicht und einfach und in der Komfortzone, egal ob mit oder ohne Kinder, mit einem oder vieren. Ich wünsche Dir Unterstützung, regelmäßige Auszeiten und weniger Optimierung 😉
      Liebe Grüße
      Julia

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