Glücklich aber pleite – Wir machen Elternzeit

03.31.2016

Ich war müde. So so müde.

Klar, das wusste ich vorher schon, dass ich müde sein würde. Mit Baby sind das doch fast alle und da ich ja auch noch ein Kleinkind habe, kann ich nicht mehr „schlafen, wenn das Baby schläft“. Zeit ganz ohne Kinder? Gibt es für mich nicht mehr. Erholung heißt jetzt, nur ein Kind bei sich zu haben. Natürlich bin ich auch glücklich und verliebt – in meinen Mann, in meine Tochter, in meinen so so süßen Babysohn. Ich mag meine Familie und ich bereue es auf keinen Fall, Mutter zu sein. Ich lache täglich, bin täglich glücklich und fühle mich gesegnet. Dennoch war zuletzt nicht alles rosig.

In den letzten Monaten ist fast alles auf der Strecke geblieben, was mich sonst neben meinen Kindern ausmacht und ich merkte so langsam, wie etwas kippt. Zum ersten Mal fand ich das Muttersein nicht nur mal anstrengend, ich war zeitweise richtig genervt, ungeduldig und manchmal richtig fertig. Mir fehlte die Kraft und die Muse zu bloggen, zu lesen, zu nähen oder sonst irgendetwas für mich zu tun. Der Herbst und der Winter waren retrospektiv zu einsam für meinen Geschmack, aber dazu noch an anderer Stelle mehr.

Mein Mann und ich sind ein gutes Team, doch auf einmal lebten wir zu sehr aneinander vorbei: ich in der Baby-Kleinkind-Blase, er draußen, in der Arbeitswelt. Nach der Geburt unserer Tochter hatten wir Monate gemeinsame Zeit, da ich Elternzeit hatte und er sich ein Freisemester im Studium nahm. Dieses Mal hatten wir drei Wochen bevor ich allein Zuhause war. Wie schwierig das für uns war, fiel uns gar nicht sofort auf, es schlich sich eher ein, durch die Hintertür. Denn trotz Müdigkeit klappte anfangs alles gut. Die Babyeuphorie half mir sicher ebenso wie die Tatsache, dass die wochenlangen Schmerzen endlich deutlich weniger wurden.

So richtig gemerkt habe ich die Belastung deshalb erst als unsere Elternzeit schon greifbar nah war. Ich wurde immer gereizter und ungeduldiger und wollte einfach nur diese Entlastung spüren. So groß war auf einmal der Druck geworden. Die Schwangerschaft war körperlich und psychisch extrem anstrengend für mich gewesen, das Wochenbett kurz und meine Kraftreserven erschöpft.

Deshalb bin ich mehr als froh, dass wir uns entschieden haben, Elternzeit zu nehmen. Mein Mann ist drei Monate voll zuhause und wird danach evtl. den Sommer über noch die Stundenzahl etwas runterschrauben. Seit fast zwei Wochen ist er jetzt nicht mehr arbeiten gewesen und langsam kommt in unseren Köpfen an, dass er nicht schon am Montag wieder weg sein wird. Ein tolles Gefühl.

Müde bin ich noch immer, aber irgendwie doch entspannter. Meine Energie kehrt langsam zurück, draußen kehrt der Frühling ein, ich habe mal wieder genäht und wie ihr seht: Ich blogge endlich wieder. In meinem Kopf sind so viele Texte verschwurbelt abgespeichert, die raus wollen und nun endlich nach und nach raus dürfen.
Gleichzeitig nehme ich mir jetzt die Zeit, nachzudenken. Denn auch wenn drei Monate Familienzeit toll sind, gehen sie vorbei und offensichtlich brauchen wir Änderungen in unserem Alltag, um zufrieden zu sein. Daran wird jetzt gearbeitet. Wie? Erstmal fahren wir ein paar Tage nach Berlin…

Eure Julia aus der guten Kinderstube

6 Comments

  • Meine Liebe, ich freue mich, wieder etwas von Dir zu lesen, das ist so schön, weil man auf Twitter ja doch nur kleine Ausschnitte mitbekommt. Ich wünsche euch von Herzen, dass ihr eine schöne Zeit zusammen habt und Du Dich etwas regenerieren kannst. Ich bewundere Dich über alle Maßen für das, was Du leistest mit 2 Kindern zuhause, das könnte ich mir für mich nicht mal ansatzweise vorstellen. Ich finde es gut, wenn Dein Mann auch ein bisschen in Deine Blase einsteigt, auch langfristig gesehen.
    Ganz liebe Grüße!

    • Julia sagt:

      Oh ja, er hat ja immer versucht, zu verstehen, wie es mir hier geht, aber direkt in der ersten Woche hat er ganz betroffen zugegeben, dass er es unterschätzt hat.
      Ich glaube auch, er überlegt noch, ob er arbeiten gehen oder Elternzeit entspannter finden 😉
      Jetzt gilt es eben wirklich, Lösungen zu finden, zumal Kindergarten hier, so wie er hier angeboten wird, nicht zu uns passt. Ich brauche eben das Dorf… Mal sehen, wo ich das finde. :-*

  • Uns steht diese große Veränderung noch bevor. Ab April KiTa-start und im Juni kommt Nummer 2. Wenn das mal gut geht…

    • Julia sagt:

      Ja, es ist eine große Veränderung, die für mich noch stärker gezeigt hat, wie sehr mir das Dorf im Leben fehlt. Deshalb suche ich da jetzt nach Lösungen, da für uns der Kindergarten ja nicht funktioniert hat.
      Ich wünsch euch alles Gute für diese spannende Zeit. Sie ist nämlich auch wunderschön 🙂

  • Wie schön mal wieder von Dir zu lesen!
    Ich kann Dich sowas von verstehen, erinnere mich gut an die erste Zeit mit den zwei Kleinen. Ich hatte auch so ein Tief das such eingeschlichen hatte und dachte wie Du beschrieben hast. Elternzeit konnte mein Mann in Frankreich nicht nehmen, im Gegenteil, er musste sogar ständig länger weg. Es krieselte ganz schön. Zum Glück kamen wir heil da wieder raus. 🙂
    Ich freue mich daher umso mehr, dass Ihr diese Zeit zusammen habt. Sie wird Euch sicher auch unvergessen bleiben und jedem einzelnen von Euch gut tun. Genießt sie, erlebt sie und tankt Eure Batterien gut auf, denn leider sind 3 Monate ja viel zu schnell vorbei.
    Herzliche Grüße
    Tanja

  • Judith sagt:

    Ich kann nachfühlen wie es dir manchmal geht. Ich hab hier auch manchmal gar keine Kraft mehr und bin dann furchtbar ungeduldig und genervt. Schrecklich wenn man sich dabei zu schaut und es trotzdem nicht ändern kann.
    Zwei Kindern gerecht zu werden ist echt verdammt schwer. Und dann noch sich selbst und auch die Partnerschaft nicht vergessen. Manchmal scheint es kaum machbar. Ich hatte/hab auch immer noch an dem Trauma der letzten Geburt zu knabbern und dadurch fehlt mir oft die Energie/ Freude das alles mit Leichtigkeit zu wuppen.
    Und ich hab ja noch Glück, mein Freund ist viel zu Hause und die Große geht ja oft ein paar Stunden in die Kita. Und trotzdem geh ich hier manchmal echt auf dem Zahnfleisch. Ich hab echt großen Respekt vor dir, wie du das so weitgehend alleine ( zumindest wochentags) schafftst.
    Schön, dass ihr jetzt erstmal Familienzeit habt und Du deine Akkus wieder ein bisschen aufladen kannst.
    Und wenn es doch mal wieder einsam wird, können wir uns gerne mal treffen. So weit ist es ja nicht. Und die Kids passen ja vom Alter her ganz gut…
    Alles Liebe euch vieren!
    Judith

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